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disKURSwechsel :: Veranstaltungen

"Rentnerfluten" - Krokodilstränen über die "armen Jungen"

Donnerstag, 11.12., 19.30 Uhr, Bahnhof Langendreer, Halle
Warum die gezielte Verarmungsstrategie gegenüber den Alten wegen angeblicher "Generationengerechtigkeit" eine mehrfache Lüge ist - die am Ende hauptsächlich die Jungen treffen wird:
Die AG "Diskurswechsel" des Bochumer Sozialforums und Bhf Lgdr./Politik laden ein zur Veranstaltung mit Christoph Butterwegge:
"Rentnerfluten" - Krokodilstränen über die "armen Jungen"
Wie die Debatte um "Generationengerechtigkeit und Sozialstaat" von der wachsenden Ungleichheit innerhalb der Generationen ablenken soll.
Christoph Butterwegge hinterfragt die Plausibilität solcher Thesen, die fast schon zum Gemeingut geworden sind. Er vertritt die Gegenposition, wonach die Demografie als Drohkulisse und Mittel der sozialpolitischen Demagogie fungiert, "Generationengerechtigkeit" zu einem politischen Kampfbegriff geworden ist und beide die Ideologie des Neoliberalismus transportieren

 

Bahnhof Langendreer, Donnerstag, 11.12., 19.30 Uhr
Warum die gezielte Verarmungsstrategie gegenüber den Alten wegen angeblicher "Generationengerechtigkeit" eine mehrfache Lüge ist - die am Ende hauptsächlich die Jungen treffen wird:
Die AG "Diskurswechsel" des Bochumer Sozialforums und Bhf Lgdr./Politik laden ein zur Veranstaltung mit Christoph Butterwegge:

"Rentnerfluten" - Krokodilstränen über die "armen Jungen"
Wie die Debatte um "Generationengerechtigkeit und Sozialstaat" von der wachsenden Ungleichheit innerhalb der Generationen ablenken soll.
Christoph Butterwegge hinterfragt die Plausibilität solcher Thesen, die fast schon zum Gemeingut geworden sind. Er vertritt die Gegenposition, wonach die Demografie als Drohkulisse und Mittel der sozialpolitischen Demagogie fungiert, "Generationengerechtigkeit" zu einem politischen Kampfbegriff geworden ist und beide die Ideologie des Neoliberalismus transportieren.

Nicht erst seit Philipp Mißfelder, Vorsitzender der Jungen Union, mit seiner Forderung, man solle 85-Jährigen keine künstlichen Hüftgelenke mehr finanzieren, das Sommerloch 2003 füllte, hat das Thema "Generationengerechtigkeit" enorme Konjunktur. Begründet wird die Forderung nach mehr Solidarität zwischen den Generationen damit, dass die heutigen Alten gut situiert, die heutigen Jungen hingegen zu stark belastet und ohne Aussicht auf eine ähnlich komfortable Absicherung in Zukunft seien. Die demografische Entwicklung erscheint als Horrorszenario, das gleichfalls zu massiven Leistungskürzungen zwingt.

Was ein Verteilungskampf zwischen gesellschaftlichen Schichten (d.h. zwischen "oben und unten") sei, der sich aus ganz anderen Gründen verschärft habe, werde zu einem "Generationenkrieg" umgedeutet. Soziale Probleme würden auf demografische Probleme oder auf biologische Prozesse reduziert, was sie einer Lösung im Interesse der großen Bevölkerungsmehrheit entziehe.

Abgesehen davon, dass die langfristigen Prognosen der Bevölkerungswissenschaft selten zutrafen, weil z.B. die Zuwanderungsraten stark stiegen, sei eine Schuldzuweisung an die Bevölkerungsentwicklung unangebracht. Das deswegen, weil die soziale Sicherung im Allgemeinen und die Gesetzliche Rentenversicherung im Besonderen auf einem Grundkonsens darüber beruhen, welcher Teil des Bruttoinlandsprodukts für Soziales ausgegeben wird und welche Gesellschaftsschichten wie viel ihres Einkommens dafür abzweigen müssen. Statt darüber zu diskutieren, wie aus einer Verschiebung der Altersstruktur erwachsende Schwierigkeiten solidarisch bewältigt werden können, missbraucht man die angeblich drohende "Vergreisung" zur Durchsetzung von Renten- und Sozialkürzungen.

Was auf den ersten Blick einleuchtet, weil niemand etwas gegen Gerechtigkeit hat, erweist sich bei genauerem Hinschauen als Ablenkungsmanöver: Man spricht über "mangelnde Generationengerechtigkeit", um über die soziale Ungleichheit in jeder Altersgruppe schweigen zu können. Die wachsende gesellschaftliche Ungleichheit - Folge des verschärften Klassenkampfes von oben und der neoliberalen Politik - wirkt aber bei den Jüngeren nicht anders als bei den Älteren: Die zunehmende Armut geht mit wachsendem Wohlstand und vermehrtem Reichtum einher; sie bildet geradezu dessen Kehrseite.

Rentenkürzungen sind mit Sicherheit kein Beitrag zur "Generationengerechtigkeit": Erstens treffen sie nicht in erster Linie jetzige RentnerInnen, sondern Jahrgänge, die gegenwärtig noch oder noch nicht erwerbstätig sind. Auch die geplante Erhöhung des Rentenzugangsalters von 65 auf 67 Jahre verschlechtert die Arbeitsmarktchancen der kommenden Generationen. Gerade wer es mit "Generationengerechtigkeit" ernst meint, müsste darum bemüht sein, dass auch Heranwachsende noch ein notwendiges Maß an sozialer Absicherung vorfinden, statt es weiter zu verringern!

Christoph Butterwegge ist Leiter der Abteilung für Politikwissenschaft und Geschäftsführender Direktor des Seminars für Sozialwissenschaften an der Universität zu Köln; letzte Buchveröffentlichungen zum Thema: Wohlfahrtsstaat im Wandel. Probleme und Perspektiven der Sozialpolitik, 3. Aufl. Opladen (Verlag Leske & Budrich) 2001; Christoph Butterwegge/Michael Klundt (Hrsg.), Kinderarmut und Generationengerechtigkeit. Familien- und Sozialpolitik im demografischen Wandel, 2. Aufl. Opladen (Verlag Leske & Budrich) 2003

Veranstaltet von Bhf Lgdr./Politik und der AG Information und Bildung des Sozialforums Bochum.

Posted: Mi - Dezember 10, 2003 at 02:52 nachm.  
   
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