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In der neoliberalen Wahnwelt sind Widerstand, soziale Revolte oder
Protest nicht vorgesehen
junge Welt vom 18.10.2004 Musterfall - Streik bei
OpelVorgänge wie im Opel-Werk Bochum überschreiten den
Horizont etablierter bundesdeutscher Politik. Daß mehrere tausend Arbeiter
ohne Erkundigung bei SPD und Gewerkschaften ein Werk stillegen, dürfte in
der Geschichte der Bundesrepublik ein neuer Vorgang sein. Er könnte Schule
machen. Die Kluft zwischen den Darstellern auf der politischen Bühne und
der Bevölkerung ist groß geworden. Wer mit der Aussicht arbeitslos
wird, nach einem Jahr in die gesetzlich verordnete Armut zu fallen, hat mit den
Herrschaften, die ihm das ohne Not verordnet haben, nicht mehr viel am Hut.
»Hartz IV« hat schon jetzt mehr zur Beförderung
gesellschaftlicher Auseinandersetzungen in der Bundesrepublik geleistet, als den
Erfindern des »Reform«paketes schwante. In der neoliberalen Wahnwelt
sind Widerstand, soziale Revolte oder Protest nicht vorgesehen. mehr unter:
http://www.jungewelt.de/2004/10-18/002.php
Die Regierenden bilden eine Einheitspartei, wie es sie 1914 zuletzt
gegeben hat. Es herrscht politischer Autismus. Daß die Stimmung in
großen Teilen der Bevölkerung am Kochen ist, kommt in Regierungs- und
Redaktionsstuben nicht an oder wird verdrängt. Wahlbeteiligungen von unter
50 Prozent wurden in kürzester Frist in der Bundesrepublik Gewohnheit, die
Montagsdemonstrationen zeigen, was die Protestierenden vom wirtschaftlichen und
politischen System der Bundesrepublik halten – ziemlich wenig oder nichts.
Die politische Führungskraft der sogenannten politischen Eliten
erschöpft sich im Durchhalten bis zum 1. Januar. Dann können mit
»Hartz IV« die Arbeitslosen richtig in die Mangel genommen werden, und
es soll Ruhe herrschen. Ein unangekündigter,
»illegaler« Streik wie der in Bochum wirkt da wie ein Schlag in die
Magengrube. Bochum steht aber bereits in einer Kette von Aktionen, die
aneinander anschließen. Wer die Erfahrung gemacht hat, daß es viele
sind, denen das Wasser bis zum Hals steht, und daß es viele sind, die auf
die Straße gehen, wird eine Werksblockade als Fortsetzung des eigenen
Protestes begreifen – und umgekehrt. Dafür, daß diese
Erfahrungskette nicht reißt, sorgen die Urheber des sozialen Raubzugs
selbst. So wie das General-Motors-Management durch Kostenreduzierung à la
Neoliberalismus, was überall Qualitätsminderung bedeutet, eine
Automarke verschlissen hat, so handelt auch die Politik. Der Fall Opel ist ein
Fall des Wirtschaftssystems: Je mehr Privatisierung, desto schlechter und
unsicherer Service und Produkte. Je mehr Senkung der Sozialleistungen, desto
niedriger die Löhne und desto weniger Hemmungen zum spontanen Widerstand.
So wie die Opel-Manager ein Musterbeispiel für neoliberalen Tunnelblick und
Aberglauben abgeben, so ist der Streik bei Opel ein Musterfall für das, was
dagegen zu tun wäre: Kämpfen. Es gibt keine
Alternative. ----------------------- Adresse: http://www.jungewelt.de/2004/10-18/002.php
Posted: Mo - Oktober 18, 2004 at 07:18 vorm.
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