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Indymedia - Catch 22
von Yossarian
ZNet 11.10.2004 Die Londoner
Indymedia-Server sind in US-Gewahrsam. Wer sie sich genau angeeignet hat oder
wohin sie verschwanden - keine Ahnung. Der Betreiber verweigert die Auskunft. Da
wir nicht über genügend Fakten für eine echte Story
verfügen, zeigen die Konzern-Medien kein Interesse. Und umgekehrt: Gelingt
es uns nicht, Aufmerksamkeit zu erregen und so Druck auf die Behörden
auszuüben, werden die Behörden nicht mit keinen Fakten
rausrücken. Soviel ist klar. Das Equipment, das wir den Leuten zur
Verfügung stellten, ‘to be their own media’, ist in einer Art
Guantanamo-Gefängnis für “Terror”-Computer gelandet.
Einige interessante (negative) Fakten: Niemand wurde bislang irgendeines
Verbrechens beschuldigt. Das britische Innenministerium will “weder
bestätigen noch dementieren”, daß es etwas mit der
Geräte-Beschlagnahmung zu tun hat. Die US- Botschaft will von alledem
nichts gewußt haben - Stand: Freitag. Bei einem Anruf bei den Superhirnen
von Scotland Yard bekam man Folgendes zu hören: “Bevor wir die Leute
suchen können, müssen Sie uns schon sagen, wer die Geräte
mitgenommen hat”. An der Stelle im Internet, wo eigentlich rund 1 Million
Indymedia-Artikel, -Fotos, -Kommentare, -Audio-Berichte und -Videos stehen
sollten, klafft ein Riesenloch. Allmählich schließt sich die Wunde,
aber wenn wir unsere Geräte nicht zurückbekommen, werden Narben
bleiben.
Wer die technischen Ressourcen hatte - beziehungsweise Paranoia -, legte
entsprechende konstante Backups an. So war IMC-UK (Indymedia
Großbritannien) schon 4 Stunden nach der Beschlagnahme wieder online.
Inhalte gingen hier so gut wie nicht verloren. Andere hatten weniger Glück.
IMC-Italy ging nach 4 Tagen wieder online. Das Datenmaterial von etwa 2 Monaten
ist verloren. Bei IMC-Uruguay sind alle Daten seit April verloren. Andere sind
immer noch mit der Schadensermittlung beschäftigt. Die meisten der
betroffenen 20 Websites sind schwer geschädigt. Tausende Artikel wurden aus
dem hellen Internet verbannt und verschwanden in den dunklen Kerkern der
US-Regierung: im ‘undernet’. Oder plant das FBI etwa, die
gestohlenen Geräte den Gefangenen von Guantanamo, Belmarsh Prison und Abu
Ghraib für ein Undermedia-Network zur Verfügung zu
stellen?
Haben Sie je eine Indymedia-Seite besucht? Haben Sie je
etwas eingereicht, einen Indymedia-Kommentar geschrieben? Dann machen Sie sich
eines klar: Dies war kein Angriff auf Indymedia sondern auf Sie. Indymedia wird
von wenigen Freiwilligen betrieben, die kaum zum Inhalt beitragen - im Vergleich
zu jenen Hunderttausenden, die unsere Seiten in den letzten 5 Jahren
mitgestalteten. Das FBI hat sich an einem unersetzlichen Teil unserer
Indymedia-Geschichte vergriffen. Noch schlimmer: Das FBI hat eine wichtige
Komponente der globalen antineoliberalen Bewegung direkt angegriffen - jene
körperliche Funktion, die Botschaften unserer Politik durch den Organismus
transportiert, ohne daß ein autoritäres Hirn, ein Zentralkomitee,
darüber wachen muß.
Indymedia ist noch immer damit
beschäftigt, den Schaden zu ermessen. In einigen Tagen, wenn der Schock
nachläßt, wird man sehen, wer in der globalen Gerechtigkeitsbewegung
zu Solidaritätsaktionen bereit ist: Petitionen, Druck auf die Regierungen,
Schwierigkeiten verursachen. Bitte, beteiligen Sie sich. Holen Sie sich die
neuesten Informationen von der (überlebenden) Indymedia-Seite in Ihrer
Nähe.
Beschädigte Websites: brasil.indymedia.org,
euskalherria.indymedia.org, germany.indymedia.org, italy.indymedia.org,
liege.indymedia.org, lille.indymedia.org, nantes.indymedia.org,
nice.indymedia.org, pl.indymedia.org, portugal.indymedia.org
Noch
abgeschaltete Websites: ambazonia.indymedia.org, andorra.indymedia.org,
antwerpen.indymedia.org, belgrade.indymedia.org, keys.indymedia.org,
oost-vlaanderen.indymedia.org, prague.indymedia.org, uruguay.indymedia.org,
wmass.indymedia.org, wvl.indymedia.org
Posted: Mi - Oktober 13, 2004 at 01:38 nachm.
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