www.freitag.de - 31.03.2006:
Robert
KurzAbschied vom öffentlichen
Dienst?VERDI-STREIKDie
harte Haltung der Arbeitgeber ist ein Indikator für die ökonomistische
Radikalisierung des StaatesEgal, ob die öffentlichen Dienste
selber nach Profitgesichtspunkten agieren, ob sie im Rahmen der so genannten
Public Private Partnership (PPP) teilprivatisiert oder in ganz auf den Markt
fixierte Wettbewerber verwandelt werden: Ihre Funktion für die Reproduktion
des Lebens schwindet. An die Stelle staatsbürokratischer Apparate tritt
keine soziale Selbstorganisation, sondern eine ökonomische
Entgesellschaftung. Was flächendeckender öffentlicher Dienst war, wird
ausgedünnt und von privater Kaufkraft abhängig gemacht. In
Strafanstalten, Kliniken oder Altenheimen droht die Reduktion auf
betriebswirtschaftliche Kostensenkung durch Arbeitshetze und Billiglohn
barbarische Zustände herbeizuführen. Deshalb geht es im Konflikt mit
den öffentlichen Arbeitgebern keineswegs bloß um Löhne und
Arbeitszeiten, sondern letztlich um den Bestand der gesellschaftlichen
Infrastruktur. Die Gewerkschaft kann dabei nur verlieren, wenn sie die Krise der
öffentlichen Dienste nicht offensiv gesellschaftskritisch thematisiert,
sondern sich statt dessen selbst auf eine Art tarifliches "Serviceunternehmen"
reduzieren will.
Das gilt im Übrigen auch für die politische
Linke, die auf der Ebene der Länder und Kommunen vielfach an der
liquidatorischen Tendenz einer staatlichen Krisenverwaltung beteiligt ist. Die
momentanen Kontroversen um den Verdi-Streik zeigen, wie weit wir noch von einer
sozialen Widerstandsbewegung entfernt sind, die sich dem Krisenradikalismus der
totalen Ökonomisierung stellen kann.
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