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Querbeet :: Sozialkahlschlag

Antragsformulare zum Arbeitslosengeld II: Im Widerspruch zum Datenschutz?

junge Welt vom 09.07.2004

Harald Thome ist geschäftsführender Vorstand von Tacheles e.V. Wuppertal – Interessenvertretung für Einkommensschwache, Sozialhilfe- und Arbeitslosenverein
Interview: Dieter Schubert

 

F: Sie haben die Bundesagentur für Arbeit (BA) zur Rücknahme der Formulare zum sogenannten Arbeitslosengeld II aufgefordert. Was sind Ihre wichtigsten Kritikpunkte?

Es werden in den Antragsformularen viele Fragen gestellt, die zum Teil schwerwiegend gegen den Datenschutz verstoßen. Ein Formular muß dem Arbeitgeber eines Antragstellers vorgelegt werden. Diese Bescheinigung fragt nach den Einkommensverhältnissen der in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen, das heißt, der Arbeitgeber bekommt unmittelbar mit, wie die Einkommensverhältnisse des Partners oder eheähnliche Partner sind. Damit werden dem Chef die sozialen Schwierigkeiten von Verwandten und Partnern des Arbeiters bekannt. Die Betroffenen stehen dann natürlich unter doppeltem Druck, weil der Arbeitgeber Informationen erlangt, mit denen er seinen Arbeitnehmer unter Druck setzen kann und die ihn einfach nichts angehen. Auch werden die Adressen und Bankverbindungen der Vermieter abgefragt. Somit würde die bundesweit größte Datenbank über Vermieterangaben entstehen. Dabei ist völlig unklar, wozu eine solche Vermieterdatenbank gebraucht wird. Diese Reihe setzt sich mit weiteren Fragen fort. Es werden Daten über Angehörige abgefragt, obwohl es dafür keinen Rechtsgrund gibt. Ich habe insgesamt elf datenschutzrechtliche Verstöße entdeckt, und so dürften die Formulare einfach nicht rausgehen.

F: Der Datenschutzbeauftragte der Bundesregierung, Peter Schaar, teilt die Bedenken, die Sie haben?

Wir haben vor zwei Wochen die ersten uns bekannten Formulare an den Datenschutzbeauftragten gegeben und an den zuständigen Sachbearbeiter. Auch dort wird gesehen und anerkannt, daß da erhebliche Probleme vorliegen, und es wurde auch als äußerst unglücklich angesehen, daß es da wohl vorher keinerlei Abstimmung zwischen der BA und dem Datenschutzbeauftragten gegeben hat.

F: Sind jetzt Schritte vom Datenschutzbeauftragten zu erwarten?

Ich hoffe es. Es gibt eine Pressemitteilung von Herrn Schaar vom 5. Juli. Hierin schießt er der Bundesagentur für Arbeit einen Warnschuß vor den Bug. Zudem kritisiert Schaar die großspurig angekündigten Hausbesuche, die BA-Mitarbeiter machen sollen. Schaar wendet sich also gegen eine »Arbeitslosenpolizei«, da private Wohnungen grundgesetzlich geschützt sind. Und zum anderen hat er in dieser Pressemitteilung auch deutlich gemacht, daß er große Schwierigkeiten mit den Antragsformularen habe. Dies ist positiv für uns.

Was empfehlen Sie dem Betroffenen, der jetzt so ein Formular bekommt?

Ich empfehle den Betroffenen, die datenschutzrelevanten Sachverhalte nicht auszufüllen. Welche das sind, ist der Kritik auf unserer Website zu entnehmen.

Es wird dazu wohl noch eine abschließende Stellungnahme, zumindest vom Datenschutzbeauftragten geben, und ich hoffe, daß zumindest die BA die entsprechenden Teile des Antrages schwärzt oder die Anträge ganz zurückzieht. Die Bundesagentur könnte ihren öffentlich Fehler eingestehen und erklären, daß diese Teile nicht auszufüllen sind. Das wäre zumindest das optimale Ziel unserer Aktivitäten.

* www.tacheles-sozialhilfe.de/aktuelles/2004/ALG_II_datenschutz.html
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Adresse: http://www.jungewelt.de/2004/07-09/018.php
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Posted: Mi - Juli 28, 2004 at 05:21 nachm.  
   
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