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Querbeet :: Sozialkahlschlag

IG Metall braucht Mut

junge Welt vom 06.04.2005
IG Metall braucht Mut
Gewerkschaftskongreß zum Sozialstaat in Berlin: Soziale Initiativen und Globalisierungskritiker fehlen auf der Referentenliste
Daniel Behruzi
»Mut zur Gerechtigkeit« titelt der am heutigen Mittwoch in Berlin beginnende Sozialstaatskongreß der IG Metall unter Anspielung auf Schröders »Mut zur Veränderung«. Und tatsächlich: Mut wird sie brauchen, die Gewerkschaft, wenn sie sich dem Trend zur restlosen Beseitigung sozialer Sicherungssysteme ernsthaft widersetzen will. Um den Mut zur Konsequenz in dieser Hinsicht war es bei den Gewerkschaften im letzten Jahr indes nicht sonderlich gut bestellt. Als Reaktion auf die von gewerkschaftlichen und sozialen Basisgruppen initiierte Demonstration der 100000 im November 2003 mobilisierten die Apparate zwar am 3.April vergangenen Jahres eine halbe Million gegen die neoliberale »Agenda 2010« nach Stuttgart, Köln und Berlin – danach folgte aber die derweil sattsam bekannte »Sommerpause«. Beinahe gänzlich ohne gewerkschaftliches Zutun gingen dann im Herbst vornehmlich ostdeutsche Erwerbslose auf die Barrikaden. DGB-Chef Michael Sommer verweigerte mit dem Hinweis auf »Rattenfänger« die Unterstützung dieser spontanen Protestbewegung. Seit deren Abflauen ist nun wieder Ruhe auf den Straßen – von Regierung und Opposition sogleich zu weiteren Unternehmenssteuersenkungen genutzt.

 

Alternativen
Vor diesem Hintergrund werden sich heute und morgen rund 500 Funktionäre und Mitglieder der IG Metall über Alternativen zu den Themen Alterssicherung, Gesundheit, Arbeitsmarkt-, Bildungs- und Familienpolitik den Kopf zerbrechen. Die Ergebnisse dürften nicht sonderlich überraschen: Bürgerversicherung statt Kopfpauschale, Steuerfinanzierung versicherungsfremder Leistungen, Ja zu »Wettbewerb und Effizienz« – aber bitte nicht einseitig zu Lasten der Beschäftigten. Eingeladen hat sich die Metallergewerkschaft dazu Hochschulprofessoren, Vertreter von SPD und CDU sowie der Unternehmerverbände. Auf den Referentenlisten fehlen indes soziale Initiativen und globalisierungskritische Gruppen. Hatten IG Metall und ver.di noch beim »Perspektivenkongreß« im Mai letzten Jahres ihre Öffnung gegenüber ATTAC und Co. hervorgehoben, so kommen diese Gruppen im Programm des heute beginnenden Kongresses nicht vor.

Druck auf SPD
Mit wem die Gewerkschaft ihre zum Teil sinnvollen Reformforderungen durchzusetzen gedenkt, ist deutlich: Weiterhin setzt man darauf, die sozialdemokratisch geführte Regierung zu dem einen oder anderen Zugeständnis zu bewegen. Unter Hinweis auf die parlamentarischen Kräfteverhältnisse und die Opposition – deren Konzepte der parlamentarischen Arbeitsteilung gemäß immer noch eine Spur neoliberaler als die der Regierungsfraktionen sind – wird die Unterstützung für Initiativen zum Aufbau neuer politischer Formationen, wie der WASG, beharrlich verweigert.

Infos zum Sozialstaatskongreß der IG Metall
»Mut zur Gerechtigkeit!« – unter diesem Motto erörtert die IG Metall am 6. und 7. April 2005 in Berlin die Zukunft des Sozialstaats. Rund 500 Teilnehmerinnen und Teilnehmer diskutieren mit Politikern, Wissenschaftlern und weiteren Experten über die Zukunft von Alterssicherung, Arbeitsmarkt-, Familien- und Gesundheitspolitik, betrieblicher Sozialpolitik und über europäische Perspektiven.

Ort: Estrel Convention Center, Sonnenallee 225, 12057 Berlin

Ablauf:

* Mittwoch, 6. April

11 Uhr: Eröffnung und Begrüßung, Kirsten Rölke (geschäftsführendes Vorstandsmitglied der IG Metall)

11.15 Uhr: Herausforderungen des Sozialstaats (Dr. Wolfgang Huber, Bischof von Berlin-Brandenburg und Vorsitzender des Rats der Evangelischen Kirche in Deutschland)

11.45 Uhr: Mut zur Gerechtigkeit! Perspektiven des Sozialstaats am Beginn des 21. Jahrhunderts, Jürgen Peters (1. Vorsitzender der IG Metall), Diskussion

14.30–18 Uhr: Foren: Alterssicherung Gesundheit Arbeitsmarktpolitik

* Donnerstag, 7. April

8.30–12 Uhr: Foren zu betrieblicher und branchenspezifischer Sozialpolitik, Familienpolitik, Bildung, sozialer Infrastruktur Europa

13–14 Uhr: Berichte aus den Foren

14–15.45 Uhr: Zukunft des Sozialstaats; Konsequenzen des Kongresses, Berthold Huber (2. Vorsitzender der IG Metall) Ulla Schmidt (SPD, Bundesministerin), Martin Kannegiesser (Präsident Gesamtmetall), Barbara Stolterfoht (Vorsitzende des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes)

15.45–16 Uhr: Schlußfolgerungen aus Sicht der IG Metall, Kirsten Rölke (geschäftsführendes Vorstandsmitglied)

* Weitere Infos: www.igmetall.de/ themen/sozialstaat/kongress/

(Siehe auch Interview mit Wolfgang Schroeder )

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Adresse: http://www.jungewelt.de/2005/04-06/011.php

Posted: Mi - April 6, 2005 at 01:23 nachm.  
   
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