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Querbeet :: Sozialkahlschlag

Alterssicherung bald mit Casinofeeling?

junge Welt vom 28.05.2004
Vorsorge mit Fragezeichen
Rainer Balcerowiak
Mit der am Donnerstag zwischen Regierung und Opposition im Vermittlungsausschuß von Bundestag und Bundesrat erzielten Einigung auf die hälftige Besteuerung der Erträge von Kapitallebensversicherungen ist der angestrebte »Systemwechsel« bei der Altersvorsorge wieder einen Schritt vorangebracht worden. Ohnehin hatte die vom Bundesverfassungsgericht vorgegebene Gleichbehandlung aller Alterseinkunftsarten wenig Spielraum gelassen. Die Lebensversicherer, die noch vor wenigen Monaten den Untergang des Abendlandes für den Fall der nachgelagerten Besteuerung ihrer Gewinnauszahlungen an die Wand gemalt hatten, zeigen sich nun deutlich gelassener. Das verwundert nicht. Erstens winkt ihnen noch ein Vertragsabschlußboom bis zum Jahresende, da bis dahin abgeschlossene Versicherungen steuerfrei bleiben, und zweitens sind längst die Weichen dafür gestellt, daß auch normale Kapitalmarktprodukte, die nicht durch gesetzliche Auszahlungsgarantien abgesichert sind, als Altersvorsorge anerkannt werden und somit als Sonderausgaben geltend gemacht werden können. Das wird im Zusammenhang mit der kontinuierlichen, drastischen Absenkung des gesetzlichen Rentenniveaus dazu führen, daß die Höhe der Alterseinkünfte für künftige Ruheständler nicht unwesentlich vom Zockergeschick von Fondsmanagern abhängig wird. Daß man darauf wohl kaum bauen kann, haben gerade die Lebensversicherer bewiesen, von deren blumigen Renditeversprechungen nach Fehlspekulationen in Zeiten der »New Economy«-Blase oft nur noch die gesetzliche Mindestverzinsung von 3,25 Prozent übrig geblieben ist. Immerhin, denn bei künftigen »Vorsorgeprodukten« wird wahrscheinlich nicht einmal der teilweise Verlust des eingesetzten Kapitals auszuschließen sein.
Der wachsenden Zahl von Langzeiterwerbslosen und zu Armutslöhnen Beschäftigten kann der Systemwechsel von der vor- zur nachgelagerten Besteuerung ohnehin relativ egal sein. Wer nichts hat, kann auch nichts auf die Kante legen, ob mit oder ohne Sonderausgabenabzug. Für solche Fälle sieht das deutsche »Sozialsystem« die Altersarmut vor.

 

Adresse: http://www.jungewelt.de/2004/05-28/014.php

Posted: Fr - Mai 28, 2004 at 09:06 vorm.  
   
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