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Querbeet :: Sozialkahlschlag

Wie kann ein Antragsteller bei der Beantragung von ALG II seine Datenschutzrechte wahren?

Hinweise
der Bürgerbeauftragten für Soziale Angelegenheiten
und des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz Schleswig-Holstein (ULD)
zum Antragsvordruck ALG II (Stand 28.07.2004)

Download als PDF-Datei [116 kB]

Quelle: http://www.datenschutzzentrum.de/allgemein/alg2.htm

 

Die neue Leistung „Grundsicherung für Arbeitssuchende“, abgekürzt „Arbeitslosengeld II“ (ALG II) genannt, soll ab 01.01.2005 die Arbeitslosenhilfe und teilweise die Sozialhilfe ersetzen.

Seit Juli 2004 erhalten 2,2 Millionen Empfänger von Arbeitslosenhilfe von der Bundesagentur für Arbeit zentral aus Nürnberg Antragsvordrucke zugesandt. Es wurden Anlaufstellen für Fragen eingerichtet und zusätzliches Personal eingestellt, um den zu erwartenden Ansturm auffangen zu können. Zeitgleich wurde eine Kundenhotline (01801 – 012012) freigeschaltet.

Der Antragsvordruck umfasst nicht weniger als 16 Seiten! Bei einer Vielzahl der Fragen wurde in Frage gestellt, ob die Informationen wirklich für die Feststellung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld II erforderlich sind. Nur dann wäre diese Datenerhebung rechtlich zulässig. Schon früh wiesen Datenschutzbeauftragte, Verbraucherschutzorganisationen und Selbsthilfegruppen auf entsprechende Bedenken hin.

Die Sozialämter in Schleswig-Holstein gehen überwiegend einen anderen Weg bei der Antragstellung von bisherigen Sozialhilfeempfängern. Zunächst wurde lediglich ein Informationsschreiben, verbunden mit einer Einladung an die Hilfeempfänger übersandt. Die Sozialämter beabsichtigen, die Antragsvordrucke mit den in den Sozialhilfeakten vorhandenen Daten „vorzubereiten“, um den Hilfesuchenden die Antragstellung zu erleichtern. Verschiedene Sozialämter in Schleswig-Holstein überlegen, den Antragsvordruck der Bundesagentur für Arbeit abzuändern oder womöglich gar nicht zu verwenden. Offensichtlich ahnte man, wie groß die Verwirrung und der Beratungsbedarf der Antragsteller sein würde.

Auch die Bundesagentur für Arbeit hat zwischenzeitlich auf die anhaltende Kritik reagiert.

Die Bürgerbeauftragte für Soziale Angelegenheiten und das Unabhängige Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein möchte mit den folgenden Hinweisen den aktuellen Stand der Diskussion zusammenfassen und den Hilfesuchenden darlegen, wie es möglich ist, bei der Beantragung von Arbeitslosengeld II die eigenen Datenschutzrechte zu wahren.

Muss ich diesen Antragsvordruck überhaupt verwenden?

Teilweise wird in Frage gestellt, ob eine Pflicht zur Nutzung der vorliegenden Vordrucke besteht. Bei aller Kritik an diesem sollte den Behörden keine unnütze Mehrarbeit auferlegt werden. Daher empfehlen wir den Hilfesuchenden die Nutzung der bisherigen Formulare und einen datenschutzbewussten Umgang damit, bis datenschutzgerecht gestaltete, einheitliche Vordrucke vorgelegt werden.

Zur Vereinfachung werden die folgenden Anregungen und Tipps in der Reihenfolge dargestellt, wie der Antragsvordruck von den Hilfesuchenden auszufüllen ist.
• I. Allgemeine Daten des Antragstellers/ der Antragstellerin
• II. Persönliche Verhältnisse
• II. Persönliche Verhältnisse der mit dem Antragsteller/der Antragstellerin in einem Haushalt lebenden weiteren Personen
• IV. Leistungen für besondere Mehrbedarfe
• VIII. Unterhaltspflichtige Angehörige außerhalb der Haushaltsgemeinschaft
• X. Weitere Angaben, die für die Leistungsgewährung von Bedeutung sein können
• Zusatzblatt 1 zur Feststellung der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung
• Zusatzblatt 2 Einkommenserklärung / Verdienstbescheinigung
• Zusatzblatt 3 zur Feststellung des zu berücksichtigenden Vermögens
• Zusatzblatt 4 zur Eintragung weiterer Angehöriger

 

Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II)


I. Allgemeine Daten des Antragstellers/ der Antragstellerin

Angabe Telefonnummer

Die Angabe der Telefonnummer (mit Vorwahl) und/oder E-Mail-Adresse für Rückfragen ist freiwillig.

Angabe Bankverbindung

Es wird gefordert, dass Sie, falls Sie kein Girokonto haben und auch keines eröffnen können, hierfür einen Nachweis durch eine Bescheinigung einer Bank oder Sparkasse erbringen.

Eine solche Bescheinigung kann nicht zwingend von Ihnen verlangt werden. Jedoch müssen Sie gemäß § 47 SGB I i.V.m. § 42 SGB II die Kosten für eine Postbar-Anweisung selbst tragen, wenn Sie diese ausdrücklich wünschen oder es in Ihrem Verschulden liegt, dass Sie kein Konto eröffnen können. Nur wenn Sie eine dahingehende Bescheinigung einer Bank oder Sparkasse vorlegen, dass es nicht in Ihrem Verschulden liegt, dass Sie kein Konto eröffnen können, sind Sie nicht verpflichtet, die Kosten für die Postbar-Anweisung zu tragen.

Leider ist derzeit noch nicht absehbar, inwieweit die Arbeitsämter bzw. Sozialämter die Möglichkeit einer kostenfreien Barauszahlung ermöglichen (was aus datenschutzrechtlicher Sicht zu begrüßen wäre).


II. Persönliche Verhältnisse

Angaben über den getrennt lebenden Ehegatten / eingetragenen   Lebenspartner (Seite 2)

Diese Felder sollten Sie bzw. Ihr derzeitiger Lebenspartner nur ausfüllen, wenn Sie nicht Mitglied in einer gesetzlichen Krankenkasse sind und das 23. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Nur dann ist zu prüfen, ob die Möglichkeit einer Familienversicherung besteht.

Angaben zu der Mutter und/oder dem Vater bei Antragstellern, die das 23. Lebensjahr vollendet haben (Seite 2)

Diese Felder müssen Sie nicht ausfüllen.

Wenn Sie mit Ihrer Mutter/Ihrem Vater in einer Bedarfsgemeinschaft leben, werden alle nötigen Informationen unter III. des Antragsvordruckes erfragt. Sofern Sie mit Ihrer Mutter/Ihrem Vater nicht in einer Bedarfsgemeinschaft leben, werden alle nötigen Daten unter VIII. des Antragsvordruckes erfragt.

II. Persönliche Verhältnisse der mit dem Antragsteller/der Antragstellerin in einem Haushalt lebenden weiteren Personen

Es sind lediglich Angaben zu den Personen zu machen, mit denen der Antragsteller in einer Bedarfsgemeinschaft lebt. Über Personen, mit denen der Antragsteller zwar in einem Haushalt, aber nicht in einer Bedarfsgemeinschaft lebt (z. B. Wohngemeinschaft), dürfen und müssen an dieser Stelle keine Angaben gemacht werden.

Aber Achtung: Gemäß § 9 Abs. 5 SGB II wird vermutet, dass Hilfebedürftige, sofern sie in einer Haushaltsgemeinschaft mit Verwandten oder Verschwägerten leben, von diesen Leistungen erhalten, soweit dies nach deren Einkommen und Vermögen erwartet werden kann. Der Vordruck berücksichtigt dies leider überhaupt nicht. Wenn der Vordruck ansonsten ein Zuviel an Fragen aufweist, so sind es an dieser Stelle zu wenig.

IV. Leistungen für besondere Mehrbedarfe

Mehrbedarf für Schwangere

Vorlage Mutterpass

Sie müssen nicht den Mutterpass vorlegen. Den Mehrbedarf für Schwangere erhalten Sie erst ab der 12. Schwangerschaftswoche. Als Nachweis hierfür ist eine ärztliche Bescheinigung ausreichend. Der Mutterpass selbst enthält eine Vielzahl von medizinischen Daten, die nicht erforderlich sind.

VIII. Unterhaltspflichtige Angehörige außerhalb der Haushaltsgemeinschaft

Wann müssen Sie Angaben über Verwandte ausserhalb der Haushaltsgemeinschaft machen?

Diese Fragen müssen Sie bzw. die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft, die ALG II beziehen, nur in wenigen Fällen beantworten (siehe § 33 SGB II). So müssen Sie diese Fragen nicht beantworten, wenn Sie das 25. Lebensjahr vollendet haben und/oder vor der Beantragung von ALG II einen möglichen Unterhaltsanspruch nicht geltend gemacht haben oder wenn Sie zwischen 18 und 25 Jahre alt sind und eine Erstausbildung bereits abgeschlossen haben. Ebenso müssen Sie diese Fragen nicht beantworten, wenn Sie schwanger sind oder ein Kind bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres betreuen.  

X. Weitere Angaben, die für die Leistungsgewährung von Bedeutung sein können

Aus unserer Sicht ist unklar, aus welchem Grund gefragt wird, ob die im Haushalt lebenden Personen schon früher Leistungen bei der Agentur für Arbeit oder beim Sozialhilfeträger beantragt oder bezogen haben.

Sinnvoll kann dies sein, um Sozialdaten aus früheren Vorgängen zu nutzen.

Wer Bedenken hat, diese Angaben zu machen oder hierüber keine Angaben mehr machen kann, der sollte dieses Feld nicht ausfüllen.

Zusatzblatt 1 zur Feststellung der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung

Angabe der Telefonnummer

Wie zuvor ausgeführt, ist die Angabe der Telefonnummer bzw. der E-Mail-Adresse freiwillig.

Wohnverhältnisse des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und der im Haushalt lebenden Personen

Bankverbindung des Vermieters

Die Bankverbindung des Vermieters wird benötigt, um die Unterkunftskosten direkt an diesen zu überweisen. Eine direkte Überweisung der Miete an den Vermieter bedingt jedoch, dass dieser erfährt, dass Sie ALG II beziehen. Hierdurch können Ihnen u.U. Nachteile entstehen.

Der Gesetzgeber hat daher nur in wenigen Fällen die direkte Überweisung vorgesehen, so im Falle von Hilfebedürftigen, die das 15. Lebensjahr, jedoch noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet haben (§ 31 Abs. 5 SGB II). Des Weiteren erfolgt die Zahlung der Unterkunftskosten nur dann direkt an den Vermieter, wenn die zweckentsprechende Verwendung sonst nicht sichergestellt ist (siehe Punkt 3.2.3 der Broschüre der Bundesagentur für Arbeit „Wichtige Hinweise zur Grundsicherung für Arbeitssuchende (Arbeitslosengeld II / Sozialgeld)“.

In allen anderen Fällen dürfen die Unterkunftskosten nur dann direkt an den Vermieter überwiesen werden, wenn Sie zuvor schriftlich eingewilligt haben. Wollen Sie nicht, dass die Miete direkt an den Vermieter überwiesen wird, so sollten Sie auch nicht die Bankverbindung des Vermieters angeben.

Vorlage Mietvertrag (Punkt 1)

Bitte beachten Sie, dass ein Mietvertrag u.U. eine Vielzahl von womöglich sehr sensiblen Daten enthalten kann. Wir empfehlen Ihnen daher, nicht den Mietvertrag, sondern einen anderen Beleg über die aktuelle Miete (z.B. das letzte Mieterhöhungsschreiben Ihres Vermieters) vorzulegen.

Angabe „Ich / Wir haben freies Wohnrecht bei“: (Punkt 3)

Uns ist nicht eindeutig erkennbar, wozu diese Angabe benötigt wird, wenn doch keine Unterkunftskosten geltend gemacht werden?

Sie können u. U. im Rahmen einer Plausibilitätsprüfung genutzt werden.

Angaben zur Wohnung / zum Haus (Punkt 4)

Folgende Angaben sind aus unserer Sicht für die Berechnung Ihres Anspruches auf ALG II grundsätzlich nicht erforderlich, da sie bei einem niedrigen Mietzins keine Aussagekraft über die „Angemessenheit“ einer Wohnung haben. Im Zweifelsfall sollten daher diese Felder nicht ausgefüllt werden:
• Gesamtgröße der Wohnung / des Hauses
• Wohnflächenanteil
• Anzahl der Räume   Küchen / Bäder
• Bei Eigentum: Anzahl der Wohneinheiten

Der Zeitpunkt der Bezugsfertigkeit dürfte für die Berechnung der „angemessenen Unterkunftskosten“ relevant sein (Unterscheidung Altbau / Neubau).

Welche Personen leben in der Wohnung / in dem Haus? (Punkt 7)

Dieser Bereich sollte nicht ausgefüllt werden, weil die erforderlichen Angaben bereits unter Punkt III. des eigentlichen Antragvordrucks erfragt wurden.

Zusatzblatt 2 Einkommenserklärung / Verdienstbescheinigung

Beidseitig?

Auf der Vorderseite des Vordruckes soll der Antragsteller Angaben zu seinem Einkommen machen. Auf der Rückseite dieses Vordruckes soll der Arbeitgeber den Verdienst seines Arbeitnehmers bescheinigen.

Wenn Sie oder ein Mitglied der Bedarfsgemeinschaft zuerst die erste Seite des Zusatzblattes 2 ausfüllen und dann dem Arbeitgeber aushändigen, damit dieser auf der Rückseite den Verdienst bescheinigen kann, ergeben sich hieraus zwei Probleme:
• Der Arbeitgeber hat die Möglichkeit zu lesen, was Sie auf Seite 1 eingetragen haben.

Dieses Problem können Sie lösen, indem Sie den Arbeitgeber auffordern seine Angaben zuerst zu machen. Sie können auch die zweite Seite des Vordruckes kopieren, und den Arbeitgeber auffordern, seine Angaben auf dieser Kopie zu machen.

Auch die Bundesagentur für Arbeit hat dieses Problem erkannt, und bietet zwischenzeitlich die zweite Seite dieses Zusatzblattes 2 als gesonderten Vordruck an.
• Wenn Sie das Zusatzblatt 2 Ihrem Arbeitgeber vorlegen, ob nun im Original oder in Kopie, so erfährt dieser jedoch auf jeden Fall, dass Sie oder ein Mitglied der Bedarfsgemeinschaft ALG II beantragen wollen. Diese Kenntnis kann für Sie im Einzelfall peinlich oder gar nachteilig sein.

Wir bestehen daher darauf, dass Sie die erforderlichen Angaben auch durch andere „neutrale“ Bescheinigungen belegen können (so z. B. durch die Vorlage des Arbeitsvertrages und der letzten Verdienstabrechnungen). Es ist zu vermeiden, dass Ihr Arbeitgeber ohne Grund erfährt, dass Sie ALG II benötigen.

Angaben über einmalige Einnahmen

Diese Frage brauchen Sie an dieser Stelle nicht zu beantworten. Sollten Ihnen aus diesen einmaligen Beihilfen noch Mittel zur Verfügung stehen, so sind Sie verpflichtet, entsprechende Angaben im Zusatzblatt 3 zur Feststellung des zu berücksichtigenden Vermögens zu machen.

Zusatzblatt 3 zur Feststellung des zu berücksichtigenden Vermögens

Achtung:

Nur wenn Sie und/oder Ihr/e Lebenspartner/in über ein Gesamtvermögen über 4.850,00 € je Person und die weiteren Personen der Bedarfsgemeinschaft über 750,00 € verfügen, soll dieses Zusatzblatt 3 ausgefüllt werden.

Achtung:

Im Zusatzblatt 3 selbst wird gefordert, dass Sie und alle Personen, mit denen Sie in einer Haushaltsgemeinschaft leben, dieses Zusatzblatt 3 ausfüllen. Das ist falsch. Nur Sie als Antragsteller und die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft, also nur jene Personen, die Sie zuvor unter II. und III. des Antragsvordruckes angegeben haben und zu denen eine der unter VII. des Antragsvordruckes enthaltenen Fragen mit „ja“ beantwortet wurden, müssen das Zusatzblatt 3 ausfüllen. Personen, mit denen Sie zwar in einer Haushalts- aber nicht in einer Bedarfsgemeinschaft leben, müssen dieses Zusatzblatt 3 nicht ausfüllen.

Frage 8: Wurde Vermögen im In- oder Ausland verschenkt oder gespendet oder auf eine andere Person übertragen?

Diese Frage ist nur dann zu beantworten, wenn Ihr bestehendes Vermögen und das Vermögen, was Sie in den letzten 10 Jahren verschenkt, gespendet oder auf eine andere Art übertragen haben, Ihre bzw. die Vemögensfreigrenze der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft überschreitet.

Zusatzblatt 4 zur Eintragung weiterer Angehöriger

Wie zuvor zu III. des Antragsvordruckes ausgeführt, muss auch dieses Zusatzblatt nur für Personen der Bedarfsgemeinschaft, nicht jedoch für Personen, mit denen Sie nur in Haushaltsgemeinschaft leben, ausgefüllt werden.

Posted: Mi - Juli 28, 2004 at 04:37 nachm.  
   
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