Die sozialreaktionäre Bundesregierung enteignet die kleinen
Leute, weil sie sich an die Großkopfeten nicht rantraut. »Mit
Beginn des nächsten Jahres wird die soziale Spaltung in Deutschland
abgrundtief. Per »Hartz-IV«-Gesetz werden zwei Millionen Menschen
zusätzlich zur Armut verurteilt, mit ihren Familien sind es fast vier
Millionen. Die Kinderarmut wird dramatisch zunehmen, schätzten die
Wohlfahrtsverbände. Gleichzeitig macht der Staat die
Spitzenverdiener um
etwa vier Milliarden Euro reicher.«
junge Welt vom
26.07.2004
Das Infoblatt mit graphischer Darstellung der wichtigsten
Punkte von Bernd Bücking und Fred Schmid (isw) und Kommentar von Fred
Schmid als PDF-Datei:
Hartz IV: Neue Armut für Millionen
junge Welt vom
26.07.2004
VerelendungsgesetzDie
sozialreaktionäre Bundesregierung enteignet die kleinen Leute, weil sie
sich an die Großkopfeten nicht rantrautBernd
Bücking / Fred Schmid (isw) Mit
Beginn des nächsten Jahres wird die soziale Spaltung in Deutschland
abgrundtief. Per »Hartz-IV«-Gesetz werden zwei Millionen Menschen
zusätzlich zur Armut verurteilt, mit ihren Familien sind es fast vier
Millionen. Die Kinderarmut wird dramatisch zunehmen, schätzten die
Wohlfahrtsverbände.
Gleichzeitig macht der Staat die
Spitzenverdiener um etwa vier Milliarden Euro reicher. Diesen Betrag kostet die
erneute Absenkung des Spitzensteuersatzes um weitere drei Prozentpunkte auf dann
42 Prozent. Allein dadurch spart ein Einkommensmillionär fast 31 000 Euro
an Steuern im Jahr (einschließlich Soli-Zuschlag). Ein Bezieher von
»Arbeitslosengeld II« – schon der Name ist Augenwischerei,
richtiger wäre »Sozialhilfe II« – aber kann sehen, wie er
bei 4 140 Euro im Jahr (zwölfmal Regelsatz West von 345 Euro) nicht
verhungert. Und die Verarmungsspirale wird rasend beschleunigt. Von
Lebensplanung keine Spur mehr. Ein Facharbeiter, Ingenieur, Softwareentwickler,
der heute noch in Brot und Arbeit steht, ein gutes Ein- und Auskommen hat, kann
sich mit seiner Familie binnen eines Jahres im Heer der Armen und
Ausgestoßenen wiederfinden. Sein Traum vom eigenen Häuschen oder von
der Eigentumswohnung wird zum Alptraum, wenn er es noch nicht abbezahlt hat. Der
Staat übernimmt höchstens die Zinsen, aber nicht die Tilgung. Also
muß er es verscherbeln. Erst, wenn sein Kleinvermögen (Sparkonto,
Sparvertrag, Schmuck, Erbstücke, Auto, Briefmarken- und Münzsammlung),
wofür er jahrzehntelang gearbeitet und gespart hat, bis auf eine minimale
Schongrenze (200 Euro pro Lebensjahr) aufgebraucht ist, bekommt er
überhaupt ein staatliches Almosen.
Gleiches gilt für seine
Lebensversicherung, die er zum Verlust bringenden Rückkaufswert
veräußern muß, wenn der die Freigrenze von ebenfalls 200 Euro pro
Lebensjahr, maximal 13 000 Euro, übersteigt. Zudem muß er sich von der
Politik, die unfähig ist, Arbeitsplätze zu schaffen, auch noch
verarschen und verhöhnen lassen. Jahrelang wurden die Renten gekürzt,
mit der Maßgabe, jeder solle selbst für Alter und Notfälle
Vorsorge treffen. Jetzt, mit Eintritt des Notfalls, nimmt der Staat den
Betroffenen das Ersparte weg und verordnet zum Elend der Arbeitslosigkeit auch
noch die materielle Not. Die sozialreaktionäre Bundesregierung enteignet
die kleinen Leute, weil sie an das Milliardenvermögen der Großkopfeten
nicht ranwill, sich nicht rantraut. Um fast 200 Milliarden Euro ist das private
Geldvermögen im Krisenjahr 2003 gestiegen, meldet die Bundesbank in ihrem
Juni-Bericht. Eine Steigerung um über fünf Prozent, auf die
astronomische Summe von 3 922 Milliarden (3,9 Billionen) Euro. Wie das
Investmenthaus MerrillLynch in seinem jüngsten Welt-Reichtumsbericht
ergänzend berichtet, gehören den 756 000 Euro-Millionären in
Deutschland (nur Geldvermögen wie Wertpapiere, Aktien, Barvermögen
etc.) 2 913 Milliarden US-Dollar. Das sind fast 70 Prozent des gesamten
Geldvermögens in diesem Land, das der Geldadel – knapp ein Prozent
der Bevölkerung – sein eigen nennt. Eine Vermögensteuer von nur
einem Prozent, womit nur ein Bruchteil des jährlichen
Vermögenszuwachses weggesteuert würde, brächte zusätzliche
Steuereinnahmen von 29 Milliarden Dollar oder mehr als 25 Milliarden Euro. Doch
die Bundesregierung nimmt das Geld den Arbeitslosen, um es unter den Reichen zu
verteilen.
* Die zum Text gehörenden Grafiken der gedruckten
Ausgabe:
Hartz IV: Neue Armut für Millionen
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Adresse:
http://www.jungewelt.de/2004/07-26/004.php