|
|
»Der Ostermarsch ist kein Selbstzweck«
junge Welt vom 24.03.2005
EU-Verfassung ist Schwerpunkt
der Friedensbewegung. Auch in Ostdeutschland gibt es viele Aktionen zu Ostern.
Ein Gespräch mit Felix Oekentorp Interview: Markus
Bernhardt
* Felix Oekentorp ist Mitglied des Bundesvorstandes der
Deutschen Friedensgesellschaft/Vereinigte Kriegsdienstgegner
(DFG/VK)
F: Traditionell werden am kommenden Wochenende in diversen
Städten Ostermärsche stattfinden. Was ist deren
Schwerpunkt?
Es geht um den Widerstand gegen die
EU-Militärverfassung. Für Friedensbewegte sind die Artikel untragbar,
in denen eine Aufrüstungsverpflichtung festgeschrieben wird, in denen ein
militärisches Kerneuropa institutionalisiert wird und mit denen das im
Grundgesetz verankerte Verbot von Angriffskriegen umgangen wird. Das ist zur
Zeit der Schwerpunkt der Friedensbewegung. Schon letztes Jahr sind wir mit
diesem damals weitgehend unbekannten Thema zu Ostern auf die Straße
gegangen.
F: Die DFG-VK ist an der Vorbereitung der Ostermärsche beteiligt.
Ansonsten scheint es aber sehr ruhig um die Organisation geworden zu sein.
Trügt dieser Eindruck?
Die DFG-VK ist eine Organisation, in der
zahlreiche Ortsgruppen regionale und lokale Friedenspolitik machen. Die
investieren oft viel Arbeit in Bündnisse, ohne darauf bedacht zu sein,
daß der Name der Organisation mit der geleisteten Arbeit in Verbindung
gebracht wird.
Das Thema Kriegsdienstverweigerung ist nach wie vor
ein wichtiges Thema in vielen Gruppen – wobei die internationale Arbeit in
diesem Zusammenhang an Bedeutung gewinnt. Die Gruppe Bonn/Rhein-Sieg etwa
befaßt sich mit der Unterstützung von Verweigeren in Izmir. Auch in
Kleve wird an dem Thema Kriegsdienstverweigerung in der Türkei
gearbeitet.
Zu den weiteren Themen gehören die Atomwaffen, von
denen es nach wie vor viele auch in der Bundesrepublik gibt. Die
»Gewaltfreie Aktion Atomwaffen Abschaffen« (GAAA) trat im letzten Jahr
als Gruppe der DFG-VK bei und leistet so einen wertvollen Beitrag zum Profil der
DFG-VK. Mitglieder der GAAA sind in der Vergangenheit immer wieder bei Aktionen
vor der Atomwaffenbasis in Büchel oder vor der US-Kommandozentrale Europa
in Stuttgart als ehrenamtliche Gerichtsvollzieher des Internationalen
Gerichtshofes in Erscheinung getreten. Der hatte in seinem Gutachten vom Juli
1996 den Einsatz wie auch die Drohung mit dem Einsatz von Atomwaffen als
völkerrechtswidrig bewertet.
F: Während die
Ostermarschbewegung im Westen der Bundesrepublik ihren Ursprung hat, scheint sie
sich im Osten nicht verankert zu haben. Was sind die Ursachen?
Ich
beobachte seit Jahren die Ostermarschszene und habe bei den Bundestreffen der
DFG-VK immer wieder Gelegenheit, mich mit Organisatoren der Ostermärsche
auch in der ehemaligen DDR auszutauschen. Deshalb kann ich diese
Einschätzung so nicht teilen.
Nur einige Beispiele: Es gibt die
Ostermärsche der Initiative »Freie Heide« in Brandenburg, der
»Offenen Heide« in Sachsen-Anhalt sowie die Leipziger Friedensradtour
durch mehrere Orte in Sachsen. Darüber hinaus weiß ich von
Ostermärschen in Rostock, Schwerin, Frankfurt/Oder, Potsdam, Halle, Zeitz,
Chemnitz, Zwickau, Erfurt, Suhl und Weimar/Jena.
F: Ist der
Ostermarsch nicht ein Relikt aus alten Zeiten, in denen die Friedensbewegung
stärker war?
Ostern ist für Friedensbewegte einer der
Höhepunkte des Jahres, auch weil er Gelegenheit bietet, eigene Themen auf
die Straße zu bringen. Der äußere Druck, der bei konkret
drohenden Kriegen zum Reagieren nötigt, ist hier nicht gegeben, so daß
der Ostermarsch langfristige und grundlegende Forderungen thematisieren
kann.
F: Schaut man sich auf Ostermärschen um, könnte man
meinen, man sei bei einer Altenheimveranstaltung gelandet. Wie wollen Sie junge
Menschen für die Friedenspolitik gewinnen?
Das Spektrum der
Teilnehmer ist immer auch ein Spiegelbild des Spektrums der Redenden und der
Kulturbeiträge. Auf dem Ostermarsch Ruhr wird ein Vertreter der SDAJ reden,
eine Ska-Band wird spielen. Das ist nur ein Anfang, aber wir werden diesen Weg
weiter beschreiten. Der Ostermarsch ist kein Selbstzweck, und ich gehe schon
jetzt davon aus, daß wir auch nächstes Jahr wieder auf die Straße
gehen müssen.
----------------------- Adresse:
http://www.jungewelt.de/2005/03-24/019.php
Posted: Do - März 24, 2005 at 11:57 vorm.
>
|
|
|