Nashornpower Bochumer Sozialforum
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Alternativen zum sozialen Kahlschlag - Eine andere Welt ist möglich!

5 „Kultur in Gefahr“ – Alternativen des Widerstandes
Gegen das leise Sterben! Wie sieht die Zukunft der Kultur in Bochum aus?
Schaffung eines Bochumer Diskussionsforums
für den Schutz und die Förderung der kulturellen Vielfalt.

AG um 15.00h

 

Eine Kulturpolitik unter dem Diktat der Kommerzialisierung und Privatisierung zerstört die kulturelle Vielfalt, die Autonomie des Künstlers und Arbeitsplätze.

…Doch das, was den künstlerischen Produktionssphären heute in allen modernen Industriegesellschaften widerfährt, ist etwas völlig Neues, etwas so nie Dagewesenes: dass nämlich die gegenüber den ökonomischen Zwängen hart erkämpfte Unabhängigkeit der Produktion und Verbreitung von Kultur in ihren Grundlagen bedroht ist, und zwar durch das Eindringen der kommerziellen Logik in alle Ebenen der Herstellung und Zirkulation kultureller Güter…

…Die bildenden Künstler haben fast fünfhundert Jahre benötigt, um die sozialen Bedingungen zu erkämpfen, die einen Picasso möglich gemacht haben. Sie mussten um das Recht kämpfen, die Farben selbst auszuwählen, die sie verwenden wollten, und darum, wie sie sie verwenden wollten, sowie schließlich sogar, vor allem mit dem Aufkommen der abstrakten Kunst, um das Recht auf die freie Wahl ihres Gegenstands, auf dem ganz besonders die Macht des Auftraggebers lastete…
Pierre Bourdieu - Kultur in Gefahr

Die fortschreitende Unterwerfung menschlicher Aktivitäten und Äußerungen unter die Verwertungsmechanismen der Warenwirtschaft erfasst zunehmend den Bereich der Kultur. Entgegen den Beteuerungen der Verfechter des Liberalisierungsprozesses bedroht das massive Eindringen von Kapitalinteressen im Zuge der von der WTO geplanten Liberalisierung des Handels mit kulturellen Güter und Dienstleistungen weltweit die Vielfalt der kulturellen Ausdrucksformen durch Uniformisierung und Standardisierung.

In fast allen Ländern Europas entzieht sich der Staat - im Widerspruch zu den im Oktober 2002 vom Europaparlament angenommenen Resolutionen - zunehmend seiner Verantwortung im Kulturbereich: Finanzierungskrisen, Kürzungen der öffentlichen Zuschüsse, Abbau der Sozialrechte… Diese allgemeine Entpflichtung kommt der Marktkultur zu Gute und bedroht die Zukunft Tausender in diesem Sektor Tätigen, sowie hunderte kultureller Träger, die mit ihrem Verschwinden rechnen müssen. Warum? Die europäischen Staaten kommen den Verpflichtungen nach, an die sie das GATS-Abkommen (das ohne jede demokratische Debatte 1994 im Rahmen der Welthandelsorganisation unterzeichnet wurde) bindet , welches vorsieht, alle Dienstleistungen zu liberalisieren: im Kultursektor, wie auch im Gesundheitswesen, in der Bildung und Forschung.

Die gegenwärtige Stimmung z.B. der Theaterschaffenden ist von starken Ängsten geprägt. Man schließt die Augen, aus Angst vor den anstehenden fundamentalen gesellschaftlichen Konflikten, die vor dem Theater nicht haltmachen. Das reale politische Handeln der Theaterschaffenden ist jedoch viel zu oft von derselben ängstlichen Hilflosigkeit geprägt, wie das der übrigen gesellschaftlicher Gruppen, die von massiven ökonomischen und sozialen Veränderungen betroffen sind. Warum sollte es auch anders sein? Viele Theaterleiter bangen um den Erhalt ihrer Theater. Andere bangen um ihren Arbeitsplatz und sind bereit, zur Sicherung ihrer materiellen Existenz Kröten zu schlucken, die sie aus Verantwortung gegenüber ihrem Beruf eigentlich nicht schlucken dürften. Andere wiederum, die sogenannten „Freiberufler“, die künstlerischen Zeitarbeiter, deren Zahl immer größer wird, sind auf Grund ihrer prekären Beschäftigungssituation oft noch verwundbarer. Und die ebenfalls wachsende Schar arbeitsloser Theaterleute jedweden Alters, Qualifikation oder Berufserfahrung starrt ratlos auf die immer näher rückende Reform der Arbeitslosenversicherung, die sie sang- und klanglos in einen anderen Beruf zwingt oder zur Sozialhilfe verdonnert. Man schimpft hinter vorgehaltener Hand, man gibt sich „notcool“, man hat jedoch selten den Mut, öffentlich und autonom seine Kritik zu artikulieren, weil man sonst den Eindruck konsensueller Unbotmäßigkeit erwecken würde. Diese Ängste sind unproduktiv und lähmen.
 

Diese Entwicklung wird in vielen Ländern der Welt nicht unwidersprochen hingenommen. Zur Zeit formiert sich in Westeuropa und in anderen Kontinenten erheblicher politischer Widerstand, sowohl bei den Kulturschaffenden und ihren Organisationen selbst, wie auch innerhalb eines breiten Spektrums gesellschaftlicher und politischer Organisationen. Zugleich wächst in der internationalen globalisierungskritischen Bewegung das Bewußtsein, dass diese Entwicklung ein wichtiges Teilmoment des allgemeinen Globalisierungsprozesse ist. Beleg dafür sind unter anderem die ausdrückliche Einbeziehung der Problematik der kulturellen Vielfalt in die Diskussionen des letzten Europäischen Sozialforums in Paris, das im November 2003 stattfand, sowie das Projekt eines Weltkulturforums in Sao Paulo im Juni 2004.

Es liegt also im unmittelbaren Interesse aller im Kulturbereich Tätigen, eine kritische Analyse der jeweiligen nationalen und/oder lokalen Situation vorzunehmen und in einen vertieften Erfahrungsaustausch auf internationaler Ebene einzutreten, um durch gemeinsame Aktionen - als Teil der sozialen Bewegungen - Druck auf die politischen Entscheidungsträger auszuüben.
 

Die Arbeitsgruppe möchte gezielt Menschen ansprechen, die als Künstler und Techniker im Kulturbereich in Bochum arbeiten. Aber auch Bürger, die sich um die Lebensqualität und kulturelle Vielfalt in Bochum sorgen, sind herzlich willkommen.

Es geht um die künftigen Existenzbedingungen der Kultur, vor allem auch um die des künstlerischen Schaffens. Die in Frankreich seit Juni andauernden Auseinandersetzungen und sozialen Kämpfe im Bereich der darstellenden Künste, des Films und des Fernsehens haben die Diskussion über die Problematik der Kommerzialisierung der Kunst und der Bedrohung der kulturellen Vielfalt erweitert und vertieft. Der wachsende Druck des internationalen Kapitals auf die Senkung der Arbeitslöhne und Lohnnebenkosten, die damit verbundene hohe Arbeitslosigkeit, die Finanzkrise der staatlichen Institutionen, der international konzertierte Abbau sozialstaatlicher Strukturen und der Rückzug des Staates aus seinen kulturellen Verpflichtungen werden in engem Zusammenhang mit der Globalisierungsproblematik begriffen und analysiert. Deshalb versteht sich die Bewegung der Kulturschaffenden zunehmend als Teilmoment derjenigen politischen Kräfte, die dem neoliberalen Umbau der westeuropäischen Gesellschaften Widerstand leisten, und vernetzt sich mit anderen sozialen Bewegungen.

Exklusiv zeigt das Bochumer Sozialforum den aktuellen französischen Dokumentarfilm "virus 31" über die Streik- und Protestbewegung der Kulturschaffenden in Frankreich. Die Tänzerin Jutta Vielhaber aus Paris (Commission Europe - Coordination des intermittents et précaires en Ile-de-France) und der Dramaturg und Regisseur Dieter Welke aus Frankfurt (Mitglied der deutschen Sektion des ITI, Gesellschafter der Société des Auteurs et Compositeurs Dramatiques S.A.C.D. und Mitglied der Coalition Française pour la Diversité Culturelle (Frankreich) werden über ihre Erfahrungen berichten.
 

Im Mittelpunkt - unsere Diskussion

  • Wie sieht die Situation in Bochum aus?

"Der Haushaltsentwurf des Landes NRW 2004/05 sieht Kürzungen der Kulturausgaben im Bereich der freien Theaterszene NRW von bis zu 50% vor. Bei der institutionellen Förderung sollen bis zu 20%, im Bereich der Projektförderung sogar bis zu 50% gestrichen werden.

Die bisherigen ohnehin zu geringen Förderungen für freie Gruppen und Privattheater sollen nun nochmals beschnitten werden, was einem Kahlschlag der Theaterlandschaft NRWs gleichkommt. Es geht an die Substanz und um die Existenz vieler Theater." (zitiert aus der Plattform Kölner Theater)

Die regionale Berichterstattung zu den Kulturkürzungen ist widersprüchlich. Man/Frau gewinnt den Eindruck, dass die Kulturschaffenden bis zur kommenden Kommunalwahl über das wahre Ausmaß des Kahlschlags getäuscht werden sollen. Laßt uns unseren Widerstand organisieren, bevor das lautlose Sterben beginnt bzw. weitergeht.

  • Was sind unsere Positionen? (Kulturhauptstadt Europas, ruhrtriennale, Privatisierung z.B. Schauspielhaus Bochum)
  • Wie kann eine Zusammenarbeit auf Bochumer Ebene aussehen?
  • Welche Initiativen können wir entwickeln?

  

Laßt uns als ersten Schritt diese Fragen gemeinsam besprechen.

Zweites Bochumer Sozialforum

Samstag 24. April, 13.00 Uhr, Bahnhof Langendreer

www.kolabor.de/sozialforum/
www.utopieprojekt.de

>>>Text als PDF-Datei

 
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